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    Klimafreundliche Wohnquartiere
    Die Energiewende wurde von Bürgern begonnen und wird von ihnen vorangetrieben
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    Easy Smart Grid
    Wir entwickeln Lösungen für ein flexibleres Energiesystem
    Wir entwickeln Lösungen für ein flexibleres Energiesystem

Energiewende im Wohnumfeld


Bürger treiben und gestalten die Energiewende mit ihren politischen Entscheidungen und Institutionen, Investitionen und in ihrem eigenen Lebensumfeld. Etwa zwei Drittel der Treibhausgase werden von Heizung und Mobilität verursacht und sollen durch Umstellung auf Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge vermieden werden. Beide Anwendungen bringen als zusätzlichen Vorteil zeitliche Flexibilität ein: Wärme kann in einem Wasserspeicher kostengünstig gespeichert werden, Elektrofahrzeuge stehen länger, als zum reinen Laden benötigt wird. Beide können also ihren Verbrauch elektrischer Energie an deren Erzeugung aus Sonne und Wind anpassen. Damit ersetzen sie ansonsten nötige Stromspeicher als nahezu kostenlose „virtuelle Batterien“. Wir ermöglichen deren intelligent organisierten Betrieb in klimafreundlichen Wohnquartieren, der finanziell und für die Umwelt attraktiv ist. Über bisher in Deutschland bekannten Eigenverbrauch und Mieterstrom hinaus hat die Europäische Union attraktive Voraussetzungen für solche „lokalen Energiegemeinschaften“ geschaffen.

 

Unser Angebot


Kommunen, Planungsbüros, Projektentwickler, Bauunternehmen, Wohnbaugesellschaften und Anbieter smarter Technologien wollen den CO2-Fussabdruck neuer und bestehender Quartiere schnell deutlich reduzieren. Wir können dazu wertvolle Beiträge leisten:

  • Konzeption und Umsetzung klimafreundlicher Quartiere
  • Zukunftssichere Technologie zur optimalen Koordination des Quartiers im Betrieb
  • Know-How und Erfahrungen aus erfolgreichen Referenzprojekten
  • Bereitstellung der Easy Smart Grid-Technologie (Software, Lizenz)
  • Technologietransfer an Komponentenlieferanten, Systemintegratoren und Betreiber

 

 

Unser Reallabor-Projekt “SoLAR Allensbach” wurde von der Renewables Grid Initiative mit dem „Good Practice Award oft he Year 2021“ ausgezeichnet. RGI hat das ausgezeichnete Projekt in der Kategorie „Technologische Innovation und Systemintegration“ in einem Webinar vorgestellt. Wenn Sie mehr über die Organisation, ihre Mitglieder, die Jury sowie weitere Bewerber und Gewinner erfahren möchten, folgen sie diesem Link.

Vorteile


  • Attraktiver Mehrwert für Endkunden, Betreiber, Stromnetz und Klimaschutz
  • Upgrade per Software statt zusätzlicher Komponenten (weniger Komplexität und Kosten)
  • Kompatibilität mit den EU-Anforderungen (dynamische Stromtarife)
  • Auch schrittweise Umsetzung und Einbindung entstehender Potentiale

Bitte laden sie unsere Broschüre hier herunter und kontaktieren uns für einen Austausch!

 

 

Referenzprojekt SoLAR Allensbach


Unser Reallabor-Referenzprojekt „SoLAR Allensbach“ geht 2021 vollständig in Betrieb und zeigt unseren Ansatz, dessen Umsetzung und den realisierten Nutzen. Der im Folgenden gekürzt wiedergegebene Projektbericht wurde vom Projektkoordinator Stefan Werner beim 2. Innovationskongress Ulm mit Projektstand März 2021 vorgestellt, enthält auch die Literaturquellen und kann hier heruntergeladen werden. Ebenfalls verfügbar sind der Abschlussbericht der Phase 1, der Zwischenbericht der Phase 2 und ein Beitrag von Dr. Thomas Walter in der „Zeitschrift für Kommunalwirtschaft“ (ZfK) vom April 2021, der die Vorteile der im Referenzprojekt umgesetzten dynamischen Endkundentarife aufzeigt.

 

 

 

Zusammenfassung


Das Projekt SoLAR in Allensbach am Bodensee demonstriert die Möglichkeiten intelligenter Sektorkopplung. Durch ein Echtzeit-Preissystem auf der Basis von Netzzustandsgrößen können flexible Geräte jeder Art, Leistung und Verfügbarkeit als „virtuelle Batterien“ eingesetzt werden. Es löst das Hauptproblem der Energiewende: die nicht an herkömmliche Verbrauchsprofile angepasste und volatile Verfügbarkeit erneuerbarer Energien. Es minimiert die Kosten für Energiespeicherung und Netzausbau bei gleichzeitiger hoher Verfügbarkeit, Sicherheit und geringer Komplexität.

Das Projekt ging aus einer Initiative engagierter Bürger hervor und wird von renommierten Forschungsinstituten und Unternehmen getragen. Die Demonstration erfolgt in einer neu errichteten Liegenschaft mit 22 Wohneinheiten in zwölf Doppelhaushälften und zwei Mehrfamilienhäusern, jeweils mit Aufdach-PV sowie einem Bestandsgebäude mit drei Wohneinheiten. Gesteuert werden ein BHKW, zwölf Wärmepumpen, diverse Haushaltsgeräte, Ladestationen für Elektrofahrzeuge und Batteriespeicher. Ziel ist höhere Wirtschaftlichkeit durch Steigerung der Eigenverbrauchsrate des Stroms aus BHKW und lokalen PV-Anlagen in der Liegenschaft von etwa 50% auf über 80%.

Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass das gesteckte Ziel erreichbar ist. In einem weiteren Projekt mit dem Stadtwerk Haßfurt soll in der Praxis gezeigt werden, dass das System auf ein ganzes Verteilnetz anwendbar und wirtschaftlich ist. In diesem Zusammenhang soll auch ein dynamisches Tarifsystem entwickelt werden, das intelligente Sektorkopplung ermöglicht und maximalen volks- und betriebswirtschaftlichen Nutzen generiert und so der Regulierungsvorgabe der EU entspricht.

 

Projektbericht


Das Projekt „SoLAR“ (Smart Grid ohne Lastgangmessung Allensbach – Radolfzell) wurde durch engagierte Bürger der Lokalen Agenda 21 in Allensbach initiiert und im Zeitraum 2018 bis 2021 durch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg im Rahmen des Förderprogramms „BWPLUS“ gefördert.

Vorausgegangen war eine Klimaschutzrichtlinie der Gemeinde von 2006, die sich das Ziel setzte, bis 2050 klimaneutral zu sein. Mit Geldern aus dem Wettbewerb „Klimaneutrale Kommune“ wurden seit 2010 vielfältige Untersuchungen vorgenommen, u.a. eine Studie zur Sektorkopplung Strom-Wärme, die zeigte, dass durch die Kopplung von BHKW und Wärmepumpen Strom in der Menge von 80% des konventionellen Bedarfs aus Photovoltaik und Windkraft erzeugt und lokal im Netz aufgenommen werden kann.

2016 entwickelte die Lokale Agenda aus der Studie ein Konzept („Klimaplan“), den Ort weitgehend mit erneuerbaren Energien zu versorgen, indem die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr weitgehend elektrifiziert und intelligent miteinander gekoppelt werden. Die Gemeinde engagierte sich beim SINTEG Projekt C/Sells und wurde als „Partizipationszelle“ in deren soziologischen Untersuchungen eingebunden. Diese Einbindung der Bevölkerung ist eine wichtige Komponente des Projektes.

Abbildung 1 zeigt die geschätzten erforderlichen Installationsleistungen der verschiedenen Energieanlagen in Allensbach, die unter Nutzung von Erdgas für BHKW und geeigneten Dämmmaßnahmen im Gebäudebestand zu einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes um 75% gegenüber der Referenz 2002 führen würden.

Für eine wirtschaftliche Umsetzung der Energiewende war die Prämisse, weitgehend auf Batteriespeicher und Netzausbau verzichten zu können. Notwendig ist dazu die intelligente Steuerung der Geräte und Anlagen auf Basis des Angebotes an erneuerbaren Energien in Echtzeit. In der Projektantragsphase wurde dazu die patentierte Technologie zum dezentralen Energiemanagement der Easy Smart Grid GmbH als geeigneter Ansatz identifiziert.

Abbildung 1

Abbildung 2 zeigt ein typisches Bedarfsprofil flexibler Geräte für europäische Haushalte (Quelle: Uni Bonn) und die mögliche Anpassung an ein typisches Angebot erneuerbarer Energien durch dezentrales Energiemanagement. Die Flexibilität der Geräte ist abhängig vom verfügbaren Speicher, z.B. in Form von Kälte in Kühlgeräten, und der Nutzungsflexibilität, z.B. der Bereitschaft der Nutzer, einem Geschirrspüler durch Zeitvorwahl bis zur Entnahme des Geschirrs einen längeren Zeitraum zur Verfügung zu stellen, innerhalb dessen der Spülprozess flexibel verschoben werden kann. Das Beispiel zeigt eine mögliche Bedarfsverlagerung zur besseren Nutzung erneuerbarer Energien unter Berücksichtigung typischer Restriktionen.

 

Abbildung 2

Der dargestellte Effekt ist von der Wirkung her identisch mit der Aufnahme überschüssiger elektrischer Energie in einer Batterie und Abgabe an Geräte mit normalem Bedarfsprofil. Durch intelligente Steuerung der Geräte werden also kostengünstige „virtuelle Batterien“ erzeugt. Nach einer internen Schätzung von ESG können perspektivisch 50% des Energieverbrauchs elektrischer Geräte und Anlagen in Haushalt, Gewerbe und Industrie mit virtuellen Batterien der Verfügbarkeit erneuerbarer Energien angepasst werden.

Durch die Sektorkopplung steht zukünftig ein deutlich größeres Flexibilisierungspotential durch intelligent gesteuerte BHKW, Wärmepumpen und Ladevorgänge für Elektrofahrzeuge zur Verfügung, wie Abbildung 3 in Anlehnung u.a. an Prof. Quaschning, HTW Berlin illustriert. Während der Stromverbrauch sich durch die Sektorkopplung deutlich erhöhen wird, stellt sie gleichzeitig ein Flexibilitätspotential von geschätzt 80% des zukünftigen Stromverbrauchs zur Verfügung. Wärmepumpen, BHKW und Elektrofahrzeuge bieten gleichzeitig ein hohes Effizienzpotential, das den notwendigen Ausbau der erneuerbaren Energien begrenzt.

„Dunkelflauten“ werden im Allensbacher Konzept mit BHKW überbrückt. Die zukünftig notwendige saisonale Speicherung erneuerbarer Energie kann durch den Ersatz von Erdgas durch Wasserstoff bzw. regenerativ erzeugtes Methan geleistet werden.

Die Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit intelligenter Sektorkopplung soll in SoLAR demonstriert werden. Dazu konnte die Kaufmann GmbH, Oberstadion, als Eigentümer und Generalunternehmer eines klimafreundlichen Wohnprojektes in Allensbach gewonnen werden. Kaufmann errichtet dort zwölf Doppelhaushälften (DHH) und zwei Mehrfamilienhäuser (MFH) mit insgesamt 22 Wohneinheiten in KfW 40 Holzbauweise.

Abbildung 3

Abbildung 4 zeigt die Liegenschaft und die wichtigsten Projektpartner. Für die wissenschaftliche Begleitung der Umsetzung wurden das International Solar Energy Research Center (ISC) Konstanz und das European Institute for Energy Research (EIfER) aus Karlsruhe gewonnen. In der Liegenschaft wird ein privates Stromnetz als Kundenanlage installiert, das von der Energiedienst AG in Rheinfelden als wettbewerblicher Betreiber für intelligente Messstellen (iMSB) und Energieversorger betrieben wird. Die DHH verfügen jeweils über eine eigene PV-Anlage und ggf. einen Batteriespeicher (KfW 40+). Auf den MFH hat Energiedienst PV-Anlagen installiert. Die PV-Leistung beträgt insgesamt etwa 80 kWp.

 

Abbildung 4

Abbildung 5 zeigt einen Schnitt durch das Kellergeschoss der Liegenschaft mit einer verbindenden Tiefgarage. Gelb markiert sind die zwölf DHH, die jeweils durch eine eigene Wärmepumpe versorgt werden.  Wärme aus Grundwasser wird über eine Sole-Ringleitung verteilt, die auch zum Kühlen der Gebäude genutzt werden kann. Die beiden MFH und ein Bestandsgebäude werden über ein zentrales BHKW von Energiedienst mit 21 kW elektrischer Leistung mit Wärme versorgt. Die Wärmeerzeuger werden intelligent gesteuert, zusammen mit Ladepunkten für Elektrofahrzeuge, Haushaltsgeräten in allen Wohnungen sowie Batteriespeichern in einigen DHH. Insgesamt werden so bis zu 100 Geräte in der Liegenschaft koordiniert. Ziel ist die Erhöhung der Eigenverbrauchsrate der vor Ort erzeugten elektrischen Energie von 50% auf über 80%, welche zugleich die Wirtschaftlichkeit von Mieterstrom um ca. 4 €ct/kWh erhöht.

 

Abbildung 5

Das Prinzip der intelligenten Steuerung der Geräte durch ESG zeigt schematisch Abbildung 6. Basis der Technologie ist die Ableitung eines Preissignals in Echtzeit, idealerweise jede Sekunde, aus dem Netzzustand. Das Signal (Balance Indicator, BI) zeigt in einem normierten Wertebereich zwischen -1 und +1 an, ob tendenziell Energieüberschuss (niedriger Preis) oder -mangel (hoher Preis) herrscht. Je nach Nutzungs- bzw. Geschäftsmodell können auch andere Werte genutzt werden: Die Energiebilanz eines Inselnetzes kann an jedem Ort im Netz direkt aus der Frequenz ermittelt und in einen BI umgesetzt werden. Im Fall der SoLAR-Liegenschaft handelt es sich um eine gekoppelte Netzzelle, deren Energiebilanz als Leistungswert am Anschluss der Kundenanlage zum öffentlichen Versorgungsnetz erfasst werden kann.

Ergänzend zur Leistungsbilanz können auch Engpässe im Netz direkt aus der Spannung am Netzanschluss oder der Strombelastung einer Netzeinheit, z.B. dem Abgang eines Ortsnetztransformators (ONT), in ein Preissignal (Congestion Indicator, CI) zwischen -1 und +1 umgewandelt werden. Sind mehrere Netzzustände relevant, werden die unterschiedlichen Preissignale geeignet zu einem Signal zusammengeführt.

Abbildung 6

Im Zielszenario wird das Preissignal direkt im Smart Meter aus Messungen gebildet (BI Generator) bzw. von extern empfangen und an die flexiblen Geräte weitergeleitet. Die Bildungsvorschrift für das Preissignal kann cybersicher durch einen plombierten Softwarestecker vorgegeben werden.

Die Steuerungen der flexiblen Geräte reagieren völlig autonom auf das Preissignal, indem sie in Abhängigkeit ihrer aktuell verfügbaren Flexibilität zu für sie wirtschaftlich optimalen Zeiten in Betrieb gehen. Eine Datenübermittlung an zentrale Steuerungen ist nicht notwendig: Der Rückkanal wird direkt aus der physikalischen Reaktion des Netzes auf die Schalthandlungen der Geräte gebildet.

Da lediglich das Preissignal an die Geräte übermittelt wird (ca. 1 Byte/sec) und die Algorithmen sehr einfach gehalten werden können, können die vorhandenen Gerätecontroller direkt die Steuerung übernehmen. Zum Abschluss des Projektes werden die Hersteller der Wärmepumpen (Weider, Hard in Österreich) und des BHKW (Energiewerkstatt, Hannover) die optimierten Algorithmen direkt in ihre Steuerungen übernehmen.

Im Projekt SoLAR wird das Preissignal nicht direkt in einen Tarifpreis umgesetzt, sondern nur zur Optimierung genutzt. Zukünftige dynamische Tarife könnten das Signal direkt in einen Strompreis oder ein Netzentgelt umrechnen, indem das Preissignal mit einem fixen „Flexibilitätsbonus“ multipliziert und als Bonus bzw. Malus zu einem Basispreis hinzugefügt wird. Die Werte können im Smart Meter gespeichert und nach einer Abrechnungsperiode als Mittelwert oder Zuordnung von Arbeit zu verschiedenen Tarifstufen ausgegeben werden.

Abbildungen 7 und 8 zeigen den Effekt des Preissignals aus der Leistungsbilanz am Anschluss auf das Verhalten der Wärmeerzeuger in der Liegenschaft. Dargestellt sind jeweils zwei Tage der Simulationen mit dem „Virtuellen Demonstrator“, einem digitalen Zwilling der Liegenschaft, der von EIfER in das Projekt eingebracht wird und die Liegenschaft mit allen flexiblen Geräten realitätsnah im Sekundentakt virtuell abbildet. Im Laufe des Jahres 2021 werden die Berechnungen in der Realliegenschaft verifiziert.

Abbildung 7

Links ist jeweils das Verhalten bei rein wärmegeführter Steuerung über einen 2-Punkt-Regler anhand der Temperatur am Pufferspeicher dargestellt, rechts das Verhalten bei Empfang und Auswertung des Preissignals (Balance Indicator). Im Sommer-Szenario (nur Warmwasser) ist deutlich zu erkennen, dass die Wärmepumpen ihre Betriebszeiten zu den Zeiten maximaler PV-Leistung verschieben. Dabei lernen sie die zu erwartenden Preisbereiche, in denen eine Aktivierung lohnt. Geräte, deren Pufferspeicher weniger gefüllt sind, reagieren aufgrund ihrer geringeren Flexibilität als Erste. Durch das Echtzeitsystem wird gleichzeitig Regelenergie zur Verfügung gestellt: Bricht die Leistungsbilanz z.B. durch Wolkenzug ein, schalten die Wärmepumpen sofort aus, wenn es ihre Betriebsparameter (z.B. Mindestlaufzeit) erlauben. Das BHKW hat seinen Betriebsbereich auf die Abendstunden mit dem höchsten Leistungsbedarf verlegt und drosselt die Leistung, so dass es jeden Tag einmal zu Zeiten maximalen Ertrags (niedrigster BI, höchster Preis) in Betrieb geht.

Abbildung 8

Da die Wärmeerzeuger im Sommer wenig in Anspruch genommen werden, ist die netzstabilisierende Wirkung sichtbar, aber nicht maximal. Im Winter ist ihre Laufzeit durch zusätzlichen Heizenergiebedarf deutlich länger und die Netzstabilisierung durch intelligenten Betrieb entsprechend hoch. Die hohe Nachfrage der Wärmepumpen nach Strom und das große Angebot des BHKW führen im Zusammenspiel zu einem stabilen „Preis“, der sich in einer gleichmäßigen Netzbelastung abbildet. Der BI nahe Null entspricht einer Quasi-Autarkie. Wären die unterschiedlichen Wärmekreise gekoppelt, wäre der BI durch das flexible Zusammenspiel der Wärmeerzeuger noch gleichmäßiger.

Abbildung 9 zeigt die Steuerung von Geräten im Rahmen von SoLAR, die mit herkömmlichen Energiemanagementsystemen auf der Basis von Fahrplänen und Aggregatoren nicht möglich wäre: Kühl- und Gefriergeräte sind zwar prinzipiell flexibel, haben aber eine so geringe Energiespeicherkapazität und damit Flexibilität, dass die Teilnahme an traditionellen Strommärkten nicht möglich ist. In einem Echtzeitpreissystem können sie aber einen wertvollen Beitrag zur Netzstabilisierung leisten. Im Rahmen von SoLAR stellt die BSH Hausgeräte GmbH deshalb jedem Haushalt ein Kühlgerät zur Verfügung, um diesen Effekt in der Realität zu testen. In der Simulation mit 48 Geräten ist erkennbar, wie die Geräte ihre Betriebszeiten als „Energieschwarm“ sinnvoll verschieben, ohne dass ein destabilisierender „Gleichzeitigkeitseffekt“ auftritt. Die Leistungsbilanz am Netzanschluss wird gleichmäßiger. Auf das Zuschalten des BHKW (rote Markierungen) reagieren die Kühlgeräte in Summe mit maximaler Leistungsaufnahme und dämpfen so den Leistungssprung.

 

Abbildung 9

Mitarbeiter des Deutschen Forschungszentrum für künstliche Intelligenz (DFKI) in Bremen haben die Netzstabilisierung durch die Kühlgeräte für SoLAR quantitativ untersucht und visualisiert (Abbildung 10): Die kurzfristige Abweichung der Leistung von einem gleitenden Mittelwert wird um etwa 10% verringert. BSH schätzt, dass allein in Deutschland 2,4 GW kurzfristige Regelleistung durch Kühlgeräte verfügbar wäre – die aktuelle Primärregelleistung für das europäische Verbundnetz beträgt 3 GW. Somit könnten Kühlgeräte durch intelligente Sektorkopplung einen kostengünstigen und CO2-freien Beitrag zur Primärregelenergie leisten.

 

Abbildung 10

Die Steuerung zeitlich flexibler Geräte ohne Pufferspeicher wie Elektroladestationen, Geschirrspüler, Waschmaschinen und Trockner wird aktuell in der Simulation vorbereitet, genauso wie die Umsetzung der Ansteuerung der Geräte in der realen Liegenschaft. Abbildung 11 zeigt dazu das Steuerkonzept.

Der Balance Indicator wird zentral am Netzanschluss der Kundenanlage ermittelt und von dort direkt an die Steuerungen des BHKW, der Ladepunkte für Elektrofahrzeuge und der Haushaltsgeräte in den Mehrfamilienhäusern übermittelt. In den Doppelhaushälften wird das zentrale Preissignal mit einem individuellen Balance Indicator für das jeweilige Haus geeignet zusammengefasst, um dessen wirtschaftlich attraktive Eigenversorgung mit privatem PV-Strom zu maximieren, und dann an die Steuerungen für Wärmepumpe und Haushaltsgeräte übermittelt.

Abbildung 11

Die reale Ausgestaltung der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) im Projekt durch das ISC Konstanz zeigt Abbildung 12. Zur Bildung der Preissignale (Balance Indicator, BI) und zur Steuerung der Geräte (Markierung „C“ = Controller) werden Kunbus RevPi Microcontroller eingesetzt, die über ein lokales Ethernet miteinander verbunden sind und die Netzzustandsdaten an wichtigen Netzknoten aus den Smart Meter Gateways (SMGW) auslesen. Die Kommunikation zur Steuerung des BHKW und der Wärmepumpen erfolgt mit Modbus RTU über jeweils eine serielle Schnittstelle. Ladepunkte für Elektrofahrzeuge werden über Ethernet angesprochen. Die Kommunikation mit den steuerbaren Haushaltsgeräten erfolgt über die zentralen Server von HomeConnect (BSH) bzw. Miele@home (Miele) über das Internet. Die Hausgeräte sind dabei über WLAN ans Internet angebunden, die Microcontroller direkt über Kabel.

 

Abbildung 12

Das Demonstrations-System nutzt weitgehend bestehende Komponenten und braucht daher zusätzliche Controller, eine aufwändige Verkabelung und Implementierung unterschiedlicher Schnittstellen. Die Anbindung der Hausgeräte über die zentralen Server kann durch Störungen im Internet unterbrochen werden und ist in der Zugriffsrate begrenzt, so dass insbesondere bei den Kühlgeräten Kompromisse bei der Steuerung eingegangen werden müssen. Abbildung 13 zeigt deshalb am Beispiel der SoLAR-Liegenschaft, wie ein zukünftiges IKT-System aussehen könnte.

 

Abbildung 13

Die Preissignale werden direkt in den Smart Metern gebildet (BI) und über sie kommuniziert. Als Kommunikationsweg für die Preissignale wird Power Line Communication (PLC) gewählt. Die notwendige Datenrate von etwa 1 Byte/sec kann dadurch kostengünstig und störungssicher, ohne Verlegung zusätzlicher Kabel und Implementierung unterschiedlicher Schnittstellen realisiert werden. In den Geräten werden einfache PLC-Empfänger installiert, die das Preissignal an die geräteeigenen Steuerungen (C) übergeben, wo sie in Steuerbefehle umgesetzt werden. Internet Server werden nur noch für Komfort-Funktionen verwendet. Die möglicherweise notwendige Abregelung von PV-Anlagen kann über das gleiche System realisiert werden, die Geräteeinbindung über lokale Energiemanagement-Systeme (EMS) ist ebenfalls möglich.

 

Fazit


Die Entwicklung und Umsetzung der intelligenten Sektorkopplung im Virtuellen Demonstrator und in der realen Liegenschaft im Demonstrationsprojekt SoLAR beweisen, dass eine klimaneutrale Energieversorgung mit 100% erneuerbaren Energien möglich ist. Das verbleibende Hauptproblem der Energiewende, dass die volatile Energieerzeugung aus Sonne und Wind nicht dem Lastprofil der Verbraucher folgen kann, wird durch die maximale Nutzung der Flexibilität im zeitlichen Betrieb insbesondere der Stromverbraucher, aber auch flexibler BHKW, gelöst. Die Einbindung saisonaler Speicherung durch Wasserstoffelektrolyse in die intelligente Sektorkopplung ist im Weiteren zu untersuchen.

Durch Integration der notwendigen IKT direkt in die Hardware von Smart Metern und Gerätesteuerungen können die Kosten der Umsetzung zukünftig minimiert werden, um Flexibilität zu sehr geringen Kosten verfügbar zu machen. Gleichzeitig maximiert das System die Resilienz des Stromsystems im Rahmen eines zellulären Ansatzes und bietet maximalen Datenschutz sowie Sicherheit vor Cyberangriffen.

Abbildung 14

Direkte Nutzung der Frequenz (f) zur Preisbildung sowie Bildung und Übermittlung von Preissignalen per PLC aus Spannung (U), Strombelastung (I) oder Leistungsbilanzen über das Stromnetz ermöglicht ein „Plug-and-Play“ System. Zentrale Vorgaben der Netzbetreiber können über an Leitzentralen angebundene Ortsnetzstationen per PLC an die Netzanschlüsse übermittelt werden (Abbildung 14).

In einer nächsten Demonstrationsstufe will das Stadtwerk Haßfurt, assoziierter Partner von SoLAR, die Technologie nutzen, um den Eigenverbrauch erneuerbarer Energien in einem ganzen Verteilnetz zu maximieren. Zusammen mit verschiedenen Akteuren der kommunalen Energiebranche sollen dabei Vorschläge gemacht werden, die das heutige Tarifsystem weiterentwickeln und zukunftssicher machen können.